Moderne Arbeitswelt

Deutschland und die 4-Tage-Woche: Meinungen, Machbarkeit und die Herausforderungen

Im Mai profitieren viele Menschen in Deutschland von einer verkürzten Arbeitswoche dank der Feiertage wie dem Tag der Arbeit oder Christi Himmelfahrt. In einigen Bundesländern bedeutet dies in vier von fünf Wochen einen Arbeitstag weniger. Doch wie stehen die Deutschen generell zur 4-Tage-Woche? Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa, durchgeführt unter 3.200 Beschäftigten im Auftrag von XING, gibt Aufschluss über diese Frage.

Wahrnehmung der 4-Tage-Woche unter deutschen Beschäftigten

42% der Befragten finden einen Arbeitgeber attraktiver, wenn dieser eine 4-Tage-Woche bei gleicher Wochenarbeitszeit anbietet. Allerdings erkennen sie auch die Herausforderungen, die die Implementierung eines solchen Modells flächendeckend mit sich bringen könnte.

Skepsis hinsichtlich der Umsetzbarkeit in Deutschland

Als Antwort auf die Frage, ob es realistisch sei, dass die 4-Tage-Woche mit reduzierter Arbeitszeit und vollem Gehalt in Deutschland innerhalb der nächsten fünf Jahre eingeführt wird, bejahen dies nur 30%. Eine Mehrheit von 66% der Arbeitnehmer in Deutschland betrachtet die Umsetzung dieser Arbeitswochenmodellierung mittelfristig skeptisch. Dabei zeigen sich Männer ein wenig zurückhaltender als Frauen, mit 68% bei den Männern und 62% bei den Frauen.

„Wir brauchen einen realistischen Blick auf die wirtschaftliche Lage, die Situation am Arbeitsmarkt und den oft begrenzten Handlungsspielraum, der sich daraus für Unternehmen ergibt. Arbeits- und Fachkräftemangel sind der neue Alltag in Deutschland“, sagt Thomas Kindler, Managing Director bei XING. „Deutsche Beschäftigte sind sich dieser Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit und den daraus resultierenden Schwierigkeiten zum großen Teil bewusst.“

Altersabhängige Unterschiede in der Einschätzung

Die Ansicht, dass die Einführung einer 4-Tage-Arbeitswoche realisierbar ist, nimmt mit dem Alter deutlich ab: Während 44% der 18- bis 29-Jährigen diese für eine praktikable Lösung halten, teilen nur 18% der Beschäftigten über 50 diese Meinung (30 bis 39 Jahre: 38%, 40 bis 49 Jahre: 31%).

In den verschiedenen Wirtschaftssektoren sind die Zweifel an einer solchen Arbeitswoche besonders in der Industrie stark vertreten: Lediglich 25% der Beschäftigten in diesem Sektor sehen sie als realistisch an, während 72% sie ablehnen (im Vergleich dazu: im Dienstleistungssektor 31% Zustimmung, 64% Ablehnung).

Herausforderungen bei der Implementierung der 4-Tage-Woche

Die Zweifel an der Umsetzbarkeit einer 4-Tage-Woche bei gleichbleibendem Gehalt mit reduzierten Arbeitsstunden sind vielfältig. Etwa zwei Drittel (65%) der Skeptiker glauben, dass es in Deutschland an ausreichend Arbeitskräften fehlt. Die Hälfte dieser Gruppe (52%) hält ein solches Modell für Arbeitgeber finanziell nicht tragbar. Fast die Hälfte (49%) befürchtet, dass dadurch die Arbeitslast an den verbleibenden Tagen steigen würde. Außerdem meint fast jeder Vierte (44%), dass sich eine 4-Tage-Woche aufgrund der derzeit schwierigen Wirtschaftslage in Deutschland nicht realisieren ließe.

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung

Außerdem sind 37% der Personen, die Zweifel an der Machbarkeit einer 4-Tage-Woche mit gleichbleibendem Gehalt und verkürzter Arbeitszeit haben, der Meinung, dass diese Arbeitszeitverkürzung Produktivitätsverluste in Unternehmen verursachen könnte. Hierbei zeigt sich der deutlichste Unterschied zwischen den Geschlechtern: 43% der Männer befürchten solche Verluste, während nur etwa ein Drittel der Frauen, nämlich 29 %, dieser Ansicht sind. Thomas Kindler merkt an, dass Frauen oft Beruf und Familie gleichzeitig managen. Für sie sei es häufig Alltag, die Arbeitslast einer Vollzeitstelle in kürzerer Zeit zu bewältigen.

Generationenübergreifende Bedenken

Ein anderer Gesichtspunkt, der besonders für die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen von Bedeutung ist, betrifft die Bedenken zur Gerechtigkeit bei der Einführung einer 4-Tage-Woche. 38% der jungen Erwachsenen, die eine solche Arbeitswoche für unrealistisch halten, argumentieren, dass es ungerecht gegenüber denjenigen wäre, die nicht die Möglichkeit haben, weniger zu arbeiten. In anderen Altersgruppen wird diese Ansicht weniger geteilt: Nur 22% der Gesamtbevölkerung denken so, darunter 17 Prozent der 30- bis 39-Jährigen, 24% der 40- bis 49-Jährigen und 19% der über 50-Jährigen.

Bildnachweis: ©Pixabay

Porträtfoto von der Journalistin Carolin Fischer

Carolin Fischer ist Gründerin des Online-Magazins Karriere NOW, selbstständige Journalistin und spezialisiert auf die Themen Karriere, Softskills, Selbstmanagement und Business. Zuvor hat die Kommunikationsexpertin bei der Süddeutschen Zeitung in München gearbeitet und für ein Politmagazin des ZDFs.

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